Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und die Karl-Franzens-Universität erneuern den zentralen Wissensspeicher der Universität von A bis Z. Das Grazer Architekturbüro Atelier Thomas Pucher ZT GmbH gewann mit seinem herausragenden Entwurf den europaweiten Architekturwettbewerb.
„Das Siegerprojekt zeichnet sich besonders durch die Kombination aus alt und neu aus. Während der historische Bestand erhalten und betont wird, setzt die moderne Aufstockung ein spektakuläres städtebauliches Zeichen“, sagt Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der BIG.
Rektorin Christa Neuper: „Die Universitätsbibliothek bildet eine wichtige Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Sie ist eine bedeutende Stätte des Wissens und Lernens am Standort. So ermöglicht auch das neue Service ,Bibliotheksverbund‘ Studierenden und Bediensteten aller steirischen Universitäten den Zugang zur Universitätsbibliothek. Dank der Neukonzeption können insgesamt die Aufgaben einer Bibliothek des 21. Jahrhunderts noch besser erfüllt werden.“
Ausgangslage
Seit der Eröffnung des Gebäudes im Jahr 1895 wurde die größte steirische Bibliothek immer wieder stückweise ergänzt. Der Bestand ist mittlerweile auf insgesamt vier Millionen Bücher und andere Informationsträger angewachsen. Nun werden erstmalig die Gebäudeteile mit mehr als 10.000 Quadratmetern als Einheit betrachtet. Dazu wird der gesamte Komplex rund um den denkmalgeschützten Lesesaal völlig neu gestaltet und um einen großen Hörsaal, ein Studierenden-Service-Center sowie zusätzliche Lernplätze erweitert.
Das Siegerprojekt
Im Zuge des europaweiten Wettbewerbs wurden insgesamt 35 Entwürfe eingereicht. Eine Jury hat sich einstimmig für das Projekt des Grazer Architekturbüros Atelier Thomas Pucher ZT GmbH entschieden. „Im Zusammenspiel ergibt sich ein Ensemble der unterschiedlichsten Baukörper und Stile, eigentlich eine spannende Geschichte der Zeit am Campus“, erläutert Thomas Pucher sein Konzept.
Die angebaute Eingangshalle aus dem Jahr 1970 wird abgebrochen. An ihrer Stelle entsteht der große Hörsaal, der vertieft unter der Campusoberfläche errichtet wird. Darüber öffnet sich eine großzügige, an das Niveau des benachbarten RESOWI-Zentrums angeglichene Freifläche. Zudem wird die ursprüngliche Fassade aus dem Jahr 1895 freigelegt und von außen wieder sichtbar. Insgesamt rückt der traditionsreiche, vom k.k. Hoftischlermeister Anton Irschick ausgestattete, Lesesaal im Stil der Neorenaissance stärker in das Zentrum der modernisierten Universitätsbibliothek. Gleichzeitig kommt es zu einer Entflechtung bisheriger Aufgaben und Nutzungen.
Der Bibliothekstrakt wird durch eine transparente Verbindung zum Hauptgebäude klarer strukturiert. Dazwischen bildet sich ein zentrales Foyer als Drehscheibe der Nutzungen und als Zugang zum neuen Hörsaal.
430 Plätze für den Alumni-Hörsaal
Der neue Hörsaal intensiviert die Verbindung der Uni Graz zu ihren AbsolventInnen. Dazu wurde eine österreichweit einzigartige Alumni-Fundraising-Kampagne initiiert: Entsprechend der 430-jährigen Tradition der Universität Graz können AbsolventInnen dieselbe Anzahl von Sitzplätzen stiften und sich damit für die Studierenden engagieren. InteressentInnen erwerben online um 280 Euro einen Sessel mit Namensnennung und Lieblings-Zitat und machen so den „Alumni-Hörsaal“ zu einem Ort, an dem Geschichte und Zukunft aufeinandertreffen. Fast 60 Sitzplätze sind bereits gestiftet. Mehr zur Kampagne unter: 430sesselfuerunigraz.at
Mehr Lern- und Arbeitsplätze für Studierende
Auf das Dach des historischen Gebäudes setzt der Architekt einen quaderförmigen, zweigeschoßigen Bau auf. In diesem schwebenden Glasbalken sind zusätzlich zu den 450 bestehenden weitere 200 Lese- und Lernplätze für Studierende geplant. Neben der hochwärmedämmenden Außenhaut wird die Wärme in den Sommermonaten durch Beschattungsanlagen mit Lichtlenkungseigenschaften reduziert, während in den Wintermonaten die Glasflächen zur passiven Nutzung der Sonnenenergie verwendet werden. Insgesamt wird auf nachhaltige Bauweise und ökologische Energieformen großes Augenmerk gelegt. Die Gebäude sind unter anderem mit der Möglichkeit der natürlichen Lüftung sowie mit einer Komfortlüftung samt Wärmerückgewinnung ausgestattet. Dadurch ergeben sich hohe Raumluftqualität und angenehme Atmosphäre.
Bessere Orientierung
Der 1996 von Günther Domenig errichtete Zubau gegenüber dem RESOWI-Zentrum bleibt unverändert. Hier wird künftig das Studierenden-Service-Center Platz finden. Die auf kurzem Weg gut erreichbaren Räumlichkeiten erleichtern die Orientierung der Studierenden.
Das sogenannte „alte Magazin“ an der Südseite des Lesesaals, das in den 1950er-Jahren im historischen Stil errichtet wurde, bleibt bestehen. Hier werden vorrangig die administrativen Bereiche beheimatet sein.
Zeitplan
Der Generalumbau ist eines der größten Infrastrukturvorhaben der Uni Graz in den kommenden Jahren. Der Startschuss erfolgt in knapp einem Jahr mit den Abbrucharbeiten. Im Frühjahr 2017 wird mit der Sanierung und Erweiterung begonnen. Fertigstellungstermin ist Anfang 2019. Der Bibliotheksbetrieb soll im Großen und Ganzen aufrecht bleiben. Werner Schlacher, Leiter der Universitätsbibliothek, bestätigt: „Zu den großen Herausforderungen zählt es, die Services trotz Sanierung und Erweiterung anzubieten. Dazu entwickeln die PlanerInnen ein logistisches Konzept, das die Benutzbarkeit auch während der Bauphase gewährleistet.“
So ist vorgesehen, dass die Bibliothek im gegenüberliegenden RESOWI-Zentrum die vorübergehende Zentrale bildet. Die Abteilungen und MitarbeiterInnen übersiedeln voraussichtlich in Ausweichquartiere in der Paulustorgasse und in der Mozartgasse. Die Details werden nun in den kommenden Monaten ausgearbeitet und rechtzeitig bekanntgegeben. Das Investitionsvolumen des Projekts beträgt rund 27,6 Millionen Euro.
Fakten
Insgesamt vier Millionen Informationsträger
22.000 aktive BenutzerInnen
10.000 Quadratmeter Nutzfläche
Mehr als 1000 Ausleihen und Rückgaben pro Tag
450 Lern-/Arbeitsplätze