Max Perutz wurde 1914 als Sohn einer jüdischen Familie in Wien geboren und verließ Österreich 1936 in Richtung Cambridge. Hier begann er sein lebenslanges Bestreben, die Struktur des Hämoglobins aufzuklären, des Moleküls, das den Sauerstoff in unserem Blut transportiert. Zusammen mit John Kendrew wurde er für seine Arbeit 1962 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet und wird heute zu den Pionieren der Molekularbiologie gezählt. Das Wandbild visualisiert Max Perutz‘ Beitrag zum damals aufkommenden Feld der Strukturbiologie. Diese Arbeit hat zu einer Revolution in unserem Verständnis des Hämoglobins und tausender anderer molekularer Maschinen geführt.
Streetart prägt ganze Stadtviertel in den Metropolen der Welt und zieht die Aufmerksamkeit von Passant*innen und Besucher*innen auf sich. Mit einer Fläche von über 500 Quadratmetern ist das Wandgemälde an der Fassade der Max Perutz Labs bei der Einfahrt nach Wien über den Rennweg im dritten Wiener Gemeindebezirk gut sichtbar. „Es ist ein echter Blickfang und ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Begeisterung für wissenschaftliche Entdeckungen visualisiert werden kann“, sagt Alwin Köhler, wissenschaftlicher Leiter der Max Perutz Labs. „Ich sehe solche Streetart als kollektive Denkräume, die einen Dialog über ein Thema starten und zu neuen Denkweisen anregen sollen. Ich hoffe, dass das Max Perutz Wandbild zu einem echten Wiener Wahrzeichen wird.“
Das Projekt wurde von Thomas Juffmann, Forschungsgruppen-Leiter an den Max Perutz Labs und Professor an der Fakultät für Physik an der Universität Wien, geplant. Zusammen mit der Expertin für Wissenschaftskommunikation Jacqui Hayes ist er Mitbegründer von WIENERWISSEN. Die Initiative hat es sich zum Ziel gemacht, Wissenschaft durch Kunst zu kommunizieren. Thomas Juffmann: „Wir möchten leicht zugängliche Wissenschaft im öffentlichen Raum schaffen, die sowohl junge Menschen als auch jene anspricht, die keine Berührungspunkte mit Forschung haben.“ Im Rahmen von WIENERWISSEN hofft er, in Zukunft noch mehr solcher Wandbilder in Wien realisieren zu können.
Das Wandbild selbst zeigt kristallisiertes Hämoglobin und ein Röntgenbeugungsbild aus Max Perutz‘ röntgenkristallographischen Experimenten. Die abgebildete Gleichung beschreibt das mathematische Verhältnis zwischen den Positionen der gebeugten Röntgenstrahlen und der Anordnung der Atome in einem Kristall. „Unser Werk spiegelt nicht nur die wissenschaftliche Tätigkeit von Max Perutz wider, sondern auch ihn als Person. Wir haben versucht, seine Lebensgeschichte zu erfassen, die von einem unglaublichen Durchhaltevermögen geprägt war“, sagt Käthe Schönle. „Die wechselnden Realitäten und Brüche in seinem Leben werden durch visuelle Schnitte und konkurrierende Formen und Flächen symbolisiert. Die geschwungene rote Linie, die sich durch das Bild zieht, verweist auf seinen verschlungenen wissenschaftlichen Weg“, erklärt Sebastian Schager. Ein QR-Code an der Wand wird zu einem Audioguide und einer schriftlichen Einführung in das Thema verlinken, die jeweils in deutscher und englischer Sprache verfügbar sein werden.
Das Projekt wurde durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union (Projekt Nr. 101017902) kofinanziert.
Dieses Video zeigt die Entstehung des Wandbildes in Zeitraffer.
Über die Max Perutz Labs
Die Max Perutz Labs sind ein Joint Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien. Das Institut betreibt herausragende, international anerkannte Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Molekularbiologie. Wissenschafter*innen der Max Perutz Labs erforschen grundlegende, mechanistische Prozesse in der Biomedizin und verbinden innovative Grundlagenforschung mit medizinisch relevanten Fragestellungen.
Die Max Perutz Labs sind Teil des Vienna BioCenter, einem führenden Hotspot der Lebenswissenschaften in Europa. Am Institut sind rund 45 Forschungsgruppen mit mehr als 450 Mitarbeiter*innen aus 40 Nationen tätig.