Sogenannte Superbugs sind Bakterienstämme, die resistent gegen Antibiotika sind. Derzeit sterben jedes Jahr über 1 Million Menschen durch solche Superbugs. Wissenschafter*innen warnen, dass 10 Millionen Menschen pro Jahr durch Superbugs sterben könnten, wenn nichts gegen die ständig steigende Zahl der arzneimittelresistenten Infektionen unternommen wird. Wenn der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika anhält, könnten arzneimittelresistente Bakterien, Pilze und Viren in nur 25 Jahren eine erschreckende Zahl von Menschen weltweit töten. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge stellt die Antibiotikaresistenz eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit dar.

Ein Team von internationalen Forscher*innen und Gesundheitsbeamt*innen betont die wichtige, aber bisher weitgehend übersehene Rolle der Sozial- und Verhaltenswissenschaften bei der Bekämpfung der Antibiotikaresistenz und fordert mehr multidisziplinäre Forschung. „Antibiotikaresistenz ist eine globale Bedrohung, die eine koordinierte Reaktion erfordert“, so der Psychologe Robert Böhm von der Universität Wien.

Traditionelle Ansätze zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz konzentrieren sich auf die Entwicklung neuer Medikamente und die Verbesserung der klinischen Praxis. „Die Resistenz gegen Antibiotika ist jedoch letztlich ein Verhaltensproblem“, unterstreicht Böhm, „viele Menschen setzen Antibiotika nämlich übermäßig oder falsch ein.“ Daher können die Sozial- und Verhaltenswissenschaften eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, die Faktoren zu verstehen, die zur Resistenz gegen Antibiotika beitragen. Insbesondere können sie dabei helfen, wirksamere Strategien zur Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit diesen Medikamenten zu entwickeln.

„Wir hoffen, dass dieser Aufruf das Bewusstsein für die entscheidende Rolle des menschlichen Verhaltens bei der Bekämpfung einer der größten Gesundheitsbedrohungen schärft und zu mehr Forschung auf diesem Gebiet anregt“, sagt Miroslav Sirota von der Universität Essex. Die Autor*innen drängen daher auf eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen, politischen Entscheidungsträger*innen und Gesundheitsdienstleistern, um wirksame Strategien zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz zu entwickeln und umzusetzen. Durch die Zusammenarbeit aller Akteure könne ein umfassender Ansatz entwickelt werden, der die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Faktoren berücksichtigt, die zu dem Problem beitragen.

Die Autor*innen argumentieren, dass dies die Festlegung einer klaren Forschungsagenda und die Aufstockung der finanziellen Mittel zur Förderung der multidisziplinären Forschung erfordere. Das Ziel: Durch die Verringerung des übermäßigen und missbräuchlichen Einsatzes von Antibiotika bleiben die vorhandenen Behandlungen wirksam und verschaffen den Wissenschafter*innen genug Zeit, für die Entwicklung neuer Medikamente, die viel Zeit, Geld und Ressourcen erfordern.

Originalpublikation: 

„We must harness the power of social and behavioural science against the growing pandemic of antimicrobial resistance“. In: Nature Human Behaviour
DOI: 10.1038/s41562-023-01762-y