Die Forscher*innen haben dazu über 8.000 Personen zwischen 18 und 59 Jahren im Zeitraum Oktober 2022 bis März 2023 befragen lassen. Erste Ergebnisse wurden aktuell in der Broschüre „Familien in Österreich. Partnerschaft, Kinderwunsch und ökonomische Situation in herausfordernden Zeiten“ veröffentlicht.

Reduktion des Kinderwunsches

„Zwischen 2009 und 2023 ist der erhobene Kinderwunsch von 2,1 auf 1,7 Kinder pro Frau zurückgegangen“, berichtet Norbert Neuwirth (ÖIF). Obwohl die Gesamtzahl der Frauen in der Altersgruppe zwischen 18 und 45 Jahren um ca. 8 Prozent gesunken ist, hat sich die Zahl jener Frauen, die sich überhaupt kein Kind wünschen, mehr als verdreifacht. Dem gegenüber ist die Zahl der Frauen, die sich genau ein Kind wünschen gefallen. Die Anzahl Frauen mit höherem Kinderwunsch ist noch deutlicher gesunken. „Laut vorläufigen Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die in den 1990er Jahren Geborenen 23–24 % betragen“, so Tomáš Sobotka von der ÖAW.

Die Ursachen sind wohl vielfältig: Standen bislang längere Ausbildungszeiten, Partnerfindung und mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund, ist nun noch ein weiterer Aspekt hervorzuheben:

Häufung globaler Krisen und Teuerung

Die multiple Krise überfordert viele Menschen in Österreich, wobei die Teuerung und ihre Folgen besonders belastend sind. Knapp ein Drittel der Befragten hat wegen der Krisen den eigenen Kinderwunsch entweder geändert (11 Prozent) oder sich diesbezüglich unsicher (19 Prozent) geäußert. Frauen geben dies öfter an als Männer. Personen unter 30 Jahren überdenken ihre Familienplanung häufiger, ebenso Personen mit niedriger und mittler Bildung. Wurde der Kinderwunsch geändert, dann in Richtung weniger bzw. keine Kinder mehr. „Vor allem die Belastung durch die Preisentwicklungen ist auffallend hoch und steht klar im Zusammenhang mit Änderungen im Kinderwunsch“, so Isabella Buber-Ennser von der ÖAW.

Mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Problematisch ist auch die weiterhin nicht funktionierende Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit: Bei drei Viertel der Befragten wirkt sich die Erwerbsarbeit häufig oder manchmal negativ auf Familienbelange aus. Dass dabei Alleinerziehende vor größeren Problemen stehen als Paare mit Kindern, dürfte auch auf die unausgewogene innerfamiliäre Arbeitsteilung bei weitgehend gegenläufigem Erwerbsausmaß bei Paaren mit Kindern zurückzuführen sein, halten Lorenz Wurm und Norbert Neuwirth (beide ÖIF) fest.

Zukunftsoffene Gesellschaft nötig

Für Wolfgang Mazal, den Leiter des ÖIF, ist dieses Verhalten durchaus nachvollziehbar: „Wenn man die Herausforderungen der Eltern bedenkt, versteht man, warum sie offenbar dreimal überlegen, Kinder in die Welt zu setzen.“ Er weist aber auch auf zwei andere interessante Veränderungen hin: So geben beispielsweise Mütter überwiegend an, dass Arbeit im Homeoffice Stress reduziert (wenngleich Homeoffice bei Vätern den Stress hebt). Und: Frauen bzw. Mütter machen die Entscheidung über ihr Erwerbsausmaß weitgehend nicht mehr vom Partner abhängig.

„Insgesamt sollten die Forschungsergebnisse als Anstoß zur Reflexion über gesellschaftliche Verhältnisse genutzt werden: Sind Lebensstil und gesellschaftliche Organisation nachhaltig und zukunftsoffen?“, so Wolfgang Mazal.

Service: Die Broschüre „Familien in Österreich. Partnerschaft, Kinderwunsch und ökonomische Situation in herausfordernden Zeiten“ entstand unter Leitung des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) an der Universität Wien in Zusammenarbeit mit anderen Instituten der Universität Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Salzburg.

Das Generations and Gender Programme (GGP) wird vom Bundeskanzleramt (BKA), Sektion Familie und Jugend, sowie dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) gefördert.