In einem Experiment haben 100 englischsprachige Studienteilnehmer*innen Bilder für zwei Konversationspartner*innen beschrieben. Auf den Bildern waren Situationen zu sehen, für deren Beschreibung die Studienteilnehmer*innen zwei verschiedene grammatikalische Konstruktionen verwenden konnten, die das gleiche bedeuteten. Beschreibungen wie „John gives Mary the book“ oder „John gives the book to Mary“ standen dabei etwa zur Auswahl. Im Anschluss wurden die Rollen gewechselt und die Studienteilnehmer*innen wurden mit Bildbeschreibungen ihrer Partner*innen konfrontiert. Daraufhin mussten sie entscheiden, mit welchem/welcher ihrer Partner*innen sie kooperieren wollten. Anreiz für diese Entscheidung war ein anschließendes Spiel, bei dem es Geld zu gewinnen gab. „Wir fanden heraus, dass unsere Studienteilnehmer*innen wie erwartet jene Konversationspartner*innen auswählten, die ihnen in ihrer Sprache ähnlich waren und dieselbe grammatikalische Konstruktion wie sie benutzten“, erklärt Theresa Matzinger, Erstautorin der Studie.
Gruppenzugehörigkeit zählt mehr als die Bereitschaft sich anzupassen
In einem weiteren Experiment entschlüsselte das Forschungsteam, was der Grund für die Präferenz von sprachlich ähnlichen Konversationspartner*innen sein könnte. Dazu gab es vorab zwei Thesen, der Forscher*innen:
- Man könnte ähnlich sprechende Menschen bevorzugen, weil man denkt, dass sie zur selben sozialen Gruppe gehören wie man selbst, und man eher mit Gruppenmitgliedern kooperiert als mit Außenseiter*innen.
- Man könnte ähnlich sprechende Menschen bevorzugen, weil man denkt, dass sie dazu gewillt sind, sich sprachlich anzupassen, und somit auch in anderen Bereichen kooperativer sein könnten.
Um diese zwei Möglichkeiten zu testen, mussten die Studienteilnehmer*innen die Bilder mit jener der beiden grammatikalischen Konstruktionen benennen, die für sie weniger natürlich klang. Als sie danach wieder ihre Kooperationspartner*innen auswählen mussten, entschieden sie sich für jene Personen, die ihrer natürlichen Sprache ähnelten und nicht für jene, die ihrer im Experiment verwendeten Sprache ähnelten. „Das unterstützt eindeutig die erste unserer Thesen: Ein Gefühl von Gruppenzugehörigkeit aufgrund von einer Ausdrucksweise, die für einen selbst natürlich ist, ist für die Wahl der Kooperationspartner*innen der entscheidendere Faktor. Das Gedankenspiel, dass die andere Person sich der eigenen Ausdrucksweise anpasst und deshalb kooperativer sein könnte, fiel deutlich weniger ins Gewicht“, so Matzinger.
Matzinger fasst zusammen: „Unsere Studie zeigt, dass schon kleine sprachliche Unterschiede, die wir vielleicht gar nicht bewusst wahrnehmen, eine Rolle für unsere Kooperationsbereitschaft spielen können.“ Die Forscher*innen hoffen, dass die Ergebnisse in weiterer Folge dazu genutzt werden können, um besser zu verstehen, wie in sprachlich heterogenen Gruppen kooperative Entscheidungen getroffen werden und um Vorurteile gegenüber anderssprechenden Menschen abzubauen.
Originalpublikation:
Matzinger T, Placiński M, Gutowski A, Lewandowski M, Żywiczyński P, Wacewicz S. 2024. Inherent linguistic preference outcompetes incidental alignment in cooperative partner choice. Language and Cognition: 1-18.
DOI: 10.1017/langcog.2024.27