Wer verursacht im Alltags- und Privatleben die meisten CO2-Emissionen? SoziologInnen der Universität Graz haben ÖsterreicherInnen zu ihrem klimarelevanten Umweltverhalten befragt und dabei signifikante Zusammenhänge entdeckt: Einkommen, Wohngebiet und Alter haben den stärksten Einfluss auf die durch die eigene Lebensweise verursachten Treibhausgasemissionen. Persönliche Einstellungen zu Klima- und Umweltschutz spielen hingegen so gut wie keine Rolle.
Im Rahmen eines von der Österreichischen Nationalbank geförderten Forschungsprojekts befassen sich SoziologInnen der Universität Graz unter der Leitung von Markus Hadler mit der Messung CO2-relevanten Umweltverhaltens und anderer Umwelteinstellungen mittels Umfragen. In einer ersten Erhebung wurden über 200 Personen in Österreich anhand eines Fragebogens interviewt. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen vor allem drei deutliche Zusammenhänge auf.
Pkw-Nutzung macht den Unterschied
„Ein höheres Haushaltseinkommen führt zu höheren Emissionswerten. 500 Euro netto im Monat mehr pro Kopf bedeuten im Durchschnitt etwa eine zusätzliche Tonne CO2-Äquivalente auf das Jahr gerechnet“, berichtet Projektmitarbeiter Markus Schweighart. „Besserverdienende nutzen mehr Autos mit Verbrennungsmotoren und zeigen ein emissionsintensiveres Konsum- und Freizeitverhalten“, nennt der Soziologe Gründe.
Personen, die in ländlichen Gebieten oder am Stadtrand wohnen, produzieren etwa zwei Tonnen mehr Treibhausgase pro Jahr als StädterInnen. „Hauptverantwortlich dafür ist die im Durchschnitt deutlich stärkere Autonutzung, die zum Teil der schlechteren Anbindung an den öffentlichen Verkehr geschuldet ist“, erklärt Schweighart.
Menschen im Pensionsalter hingegen verursachen, vor allem weil sie nicht so oft mit dem Auto fahren und seltener Flugreisen unternehmen, weniger CO2. Die im Projekt befragten Frauen wiesen ebenfalls hauptsächlich aufgrund ihres Mobilitätsverhaltens niedrigere Emissionswerte auf, rund eineinhalb Tonnen weniger im Jahr.
Als emissionsintensivste Bereiche des individuellen Verhaltens nennt Schweighart Pkw-Nutzung, Flugreisen, Ernährung und Heizen, wobei der Gebrauch des Autos laut Umfrage-Ergebnissen am stärksten von den genannten soziodemografischen Merkmalen Einkommen, Wohnort, Alter und Geschlecht abhängig sei.
Keine Frage der Einstellung
Was überraschen mag: Die Einstellung gegenüber der Umwelt – wie sehr sie einer Person am Herzen liegt – hat fast keinen Einfluss auf emissionsrelevantes Verhalten. „Wer generell um die Umwelt besorgt ist, trennt zwar häufiger den Müll, achtet darauf, Wasser und Energie zu sparen und kauft mehr Biolebensmittel – häufiger sind das Menschen mit einem höheren Bildungsgrad. Die damit verbundene CO2-Reduktion ist jedoch so gering, dass sie nicht ins Gewicht fällt“, verweist Schweighart auf die Auswertung der Fragebögen. „Nur Menschen mit stärkerer Bereitschaft, Opfer zugunsten der Umwelt zu bringen – zum Beispiel in Form höherer Preise, Steuern oder einer Einschränkung ihres Lebensstandards – konsumieren deutlich weniger Waren und tragen damit zu einer relevanten CO2-Reduktion bei“, so der Soziologe. Laut der Umfrage-Ergebnisse seien Besserverdienende ein wenig mehr zu solchen Opfern bereit. „Hier könnte ein geeigneter Ansatzpunkt für wirkungsvolle Maßnahmen – wie etwa eine Bepreisung von Treibhausgasemissionen – liegen“, meint Schweighart.
Ein Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer Skala zur Messung von CO2-relevantem Verhalten. „Wir konnten zeigen, dass schon fünf Fragen ausreichen, um circa zwei Drittel der gesamten CO2-Emissionen, die auf individuelles Verhalten zurückgehen, abzudecken. Sie betreffen die Pkw-Kilometer pro Jahr, die Anzahl der Flugreisen pro Jahr, die Häufigkeit des Konsums von Rind- oder Lammfleisch, die Größe der Wohnung und die Anzahl der MitbewohnerInnen“, sagt Schweighart.