Am 19. Mai wurde sie in Anwesenheit des Künstlers vorgestellt, jene Graupappel, die vor zwei Jahren an der Stelle des heutigen Biologiezentrums ausgegraben, auf einer Wiese aufbewahrt und schließlich an ihren ursprünglichen Standort zurückgebracht worden war – mittlerweile transformiert von der Natur und vom Baum zum Kunstwerk.
Die Idee, den Baum vom früheren Baufeld zu einer lebendigen, sich stets verändernden Skulptur umzufunktionieren, stammt von Mark Dion, einem US-amerikanischen Zeichner, Objekt- und Installationskünstler, der sich in seinen Arbeiten vor allem mit der Natur und ihrer Repräsentation befasst. Er hat mit dem Vivarium St. Marx ein Gewächshaus für den Baum entworfen, in dem man diesem bei seiner weiteren Verwandlung zusehen kann. Das Vivarium befindet sich mitten im Foyer des Biologiezentrums, das die BIG gerade für die Universität Wien errichtet und demnächst fertigstellen wird.
BIG CEO Hans-Peter Weiss: „Unter dem Titel BIG ART bringen wir Kunst in den öffentlichen Raum. Vor allem in unseren Schulen und Universitätsgebäuden haben wir die großartige Möglichkeit, Kunst einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Das jüngste BIG ART-Projekt, das Vivarium St. Marx, ist im öffentlich zugänglichen Bereich des neuen Biologiezentrums untergebracht. BIG ART-Projekte entstehen aus dem Dialog zwischen Kunst und Architektur. Mark Dion spielt explizit mit der Nutzung des Gebäudes als Biologiezentrum, indem er aus einem Baum als Sinnbild des Lebens ein Kunstobjekt schafft.“
Uni-Wien Rektor Heinz Engl: „Für Nachhaltigkeit steht der neue Standort der Universität Wien in der Art der Umsetzung des Gebäudes, aber auch wissenschaftlich. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema der Wissenschaft, der ForscherInnen und der Studierenden, die im neuen Biologiezentrum studieren und arbeiten werden. Mark Dion hat mit dem Vivarium eine beeindruckende künstlerische Antwort gefunden, das Thema Nachhaltigkeit, konkret den ökologischen Kreislauf, sichtbar zu machen und dies in enger Zusammenarbeit mit den WissenschafterInnen gestaltet.“
Kuratorin Fiona Liewehr: „Mark Dion befasst sich seit Mitte der 80er Jahre mit der Natur und ihrer Repräsentation als kulturelle Konstruktion. Das Vivarium St. Marx schafft eine Verbindung von Innen und Außen, erinnert an die Geschichte naturwissenschaftlicher Forschung und daran, dass der Vorgang, mit denen wir uns natürliche Prozesse erklärbar machen, selbst ökonomischen und gesellschaftspolitischen Ideologien unterworfen ist. Die lebendige, sich wandelnde Skulptur markiert das Foyer als Treffpunkt zum Gespräch und macht Natur durch Zerfall und Erneuerung als ein komplexes System von Zyklen und Prozessen direkt erfahrbar.“
Dion schafft mit seinem Vivarium eine Verbindung zwischen Innen und Außen, zwischen der Vergangenheit des städtebaulichen Umfelds und der Gegenwart eines modernen Biologieforschungszentrums. Der Baum ist zugleich tot und lebendig – nicht mehr Natur als vielmehr Repräsentation von Natur. Ausgegraben und auf einer nahegelegenen Wiese zwischengelagert, haben sich bereits Moos, andere Bodenvegetationen und kleine Lebewesen am Baumstamm angesiedelt.
Die Aufbewahrung im Gewächshaus als geschlossenes Ökosystem erlaubt es, dem Prozess der Veränderung und Zersetzung zuzusehen, der durch die optimierten klimatischen Bedingungen verlangsamt vor sich geht. Der fortwährende Zerfall des Baumes und seine gleichzeitige Erneuerung repräsentieren die Natur als ein komplexes System von Zyklen und Prozessen und fördern unser Verständnis von den Prinzipien des Lebens und der Evolution.
Zugleich erinnert Mark Dion mit seinem Vivarium St. Marx an die Geschichte einer der bedeutendsten biologischen Forschungseinrichtungen der Welt. Anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873 wurde ein Vivarium als öffentlich zugängliches Schauaquarium im Prater errichtet, das um 1900 zur weltweit führenden Versuchsanstalt für experimentelle Biologie wurde. Mit dem Anschluss an Nazi Deutschland wurden die Leiter und Gründer des Instituts ihres Amtes enthoben, verfolgt und, einige von ihnen, ermordet.
Die Umsetzung des Kunstprojekts hat rund ein Jahr gedauert. Der Baum wurde im Juli 2020 in das vorbereitete Pflanzbecken eingesetzt, danach wurde das Glashaus rund um den Baum errichtet, die Pflanzleuchten und die Bewässerung eingebaut. Die Fliesen auf der umlaufenden Mauer enthalten ausgesuchte Motive aus der Blütezeit der naturwissenschaftlichen Zeichnung, die mittels Siebdruck aufgebracht wurden. Zwei neue Motive wurden auf Anregung des Dekanats für Lebenswissenschaften im Stil der historischen Abbildungen entworfen.
Auch mit dem botanischen Institut der Universität Wien wurde zusammengearbeitet. Ein Team vom Institut unterstützte bei der Handhabung des Baums und wählte die optimale Bepflanzung im Vivarium aus.
Der Wettbewerb für das Kunstprojekt wurde im Juli 2018 ausgelobt. Es wurden sieben nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler geladen. Die Jurierung, aus der das Vivarium von Mark Dion als Siegerprojekt hervorging, fand im Dezember 2018 statt. Was die Jury besonders überzeugt hat, war die Geschichte, die die Installation erzählt und die auf mehreren Ebenen mit der Biologie, der Universität und dem Standort verbunden ist. Die BIG hat rund 150.000 Euro in das Kunst- & Bau-Projekt investiert.
Über den Künstler
Mark Dion, geboren 1961 in Massachusetts (USA), ist Zeichner, Objekt- und Installationskünstler. Seine Arbeiten sind u.a. im Metropolitan Museum of Art in New York, in der Tate Gallery in London, im Museum of Contemporary Art in Los Angeles, im Centre Pompidou in Paris und im Israel Museum of Art in Jerusalem vertreten. Er nahm an der documenta 13 (2012) und an der Biennale in Sydney (2008) teil. Dion beschäftigt sich vor allem mit Natur und der Repräsentation von Natur sowie mit Ausstellungs- und Repräsentationssystemen allgemein. Er ist ein passionierter Sammler, der aus dieser Leidenschaft heraus Szenerien, Installationen und Objekte entwickelt, in die er ökologische, philosophische und politische Überlegungen miteinbezieht.