Der aktuelle Artikel wurde anlässlich des 20. Jahrestages der ersten Studie zum Thema Mikroplastik verfasst, die ebenfalls in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde und den Begriff „Mikroplastik“ prägte, um die mikroskopisch kleinen Plastikfragmente in unseren Ozeanen zu beschreiben. Beide Studien leitete der „Godfather of Microplastic“, Richard Thompson, Leiter der International Marine Litter Research Unit an der Universität von Plymouth. An der Studie wirkten auch internationalen Expert*innen aus Großbritannien, der Schweiz, aus Australien und den Niederlanden mit.

Österreichische Beteiligung durch Sabine Pahl

Als einzige Wissenschafterin aus dem DACH-Raum und Expertin für Umweltpsychologie untersuchte Sabine Pahl von der Universität Wien in der neuen Studie die soziale und psychologische Dimension der Plastikverschmutzung. „Die Plastikverschmutzung unseres Planeten wird vollständig durch menschliches Handeln verursacht. Daher müssen wir erforschen, wie Menschen Risiken und Vorteile von Plastik wahrnehmen und welche Faktoren ihre Unterstützung von Maßnahmen und Veränderungen beeinflussen. Dabei sollten wir sozialwissenschaftliche Perspektiven einbeziehen“, so Pahl, die auch Co-Leiterin des ECH, des Forschungsverbundes Umwelt und Klima, an der Universität Wien ist. Darüber hinaus sei Plastikverschmutzung nicht ausschließlich ein Umweltthema, sondern „eine tiefgreifende gesellschaftliche Herausforderung, die nur durch interdisziplinäre, internationale Zusammenarbeit gelöst werden kann“.

Mikroplastik ist überall

Die Mikroplastikbelastung könnte laut Prognosen bis 2040 auf 40 Megatonnen pro Jahr ansteigen, wenn keine entschiedenen Maßnahmen ergriffen werden. Seit der Veröffentlichung der ersten Studie im Jahr 2004 wurden schätzungsweise 7.000 Forschungsstudien über Mikroplastik durchgeführt, die beträchtliche Erkenntnisse über ihre Quellen und Auswirkungen sowie über mögliche Lösungen liefern. Mikroplastik wurde in jedem Winkel unseres Planeten gefunden, in mehr als 1.300 Wasser- und Landtierarten, in den Nahrungsmitteln und Getränken, die wir zu uns nehmen, und in zahlreichen Geweben und Organen des menschlichen Körpers.

Zeit zu handeln

Die Autor*innen der Studie betonen, dass die bestehenden nationalen Maßnahmen nicht ausreichten, um das Problem zu bewältigen. Die im November 2024 in Südkorea anstehenden Verhandlungen der Vereinten Nationen über einen globalen Vertrag zur Plastikverschmutzung böten, laut den Forschenden, eine „greifbare und historische Gelegenheit“ für ein gemeinsames internationales Vorgehen. Diese Verhandlungen, die im Rahmen der UN-Umweltversammlung (UNEA) 2022 gestartet wurden, könnten das erste internationale Abkommen sein, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen reguliert – von der Produktion über den Verbrauch bis hin zur Entsorgung und zum Recycling. Damit ein solcher Vertrag jedoch wirksam werde, müsse er sich zu einer allgemeinen Verringerung der Plastikproduktion verpflichten und gleichzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Emission und Freisetzung von Mikroplastikpartikeln entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik zu reduzieren. Andernfalls, so fügen die Forscher*innen hinzu, könnte „ein hohes Risiko irreversibler Umweltschäden“ bestehen.

Originalpublikation:

Thompson et al: Twenty years of microplastics pollution research – what have we learned? Science.
DOI: 10.1126/science.adl2746