Knorpelfische, zu denen Haie und Rochen gehören, sind eine der erfolgreichsten heute noch lebende Wirbeltiergruppe. Durch den permanent stattfindenden Zahnersatz gehören Zähne von Knorpelfischen zu den häufigsten fossilen Wirbeltierfunden. Die vergleichsweise geringe Widerstandsfähigkeit ihrer knorpeligen Skelette hingegen verhindert aber in den meisten Fällen die Fossilisation vollständig erhaltener Tiere – außer es liegen besondere Bedingungen währenddessen vor.
Der Solnhofener Plattenkalk aus der Fränkischen Alb in Bayern, der während des Oberjura vor ungefähr 150 Millionen Jahren gebildet wurde und auch durch Funde des gefiederten Dinosauriers Archaeopteryx Weltruhm erlangte, stellt so ein seltenes Vorkommen dar. Im Laufe der letzten 150 Jahre wurden dort bei Fossilgrabungen zahlreiche Hai- und Rochenskelette geborgen. In der aktuellen Studie stellt das Team um Sebastian Stumpf das bisher größte jemals dort geborgene Haiskelett vor. Es handelt sich dabei um ein nahezu vollständig erhaltenes Skelett des hybodontiformen Haies Asteracanthus, dessen Gesamtlänge zu Lebzeiten zweieinhalb Meter maß, was ihn zu einem Riesen unter den jurassischen Haien machte.
Diese Haie, die die nächsten Verwandten moderner Haie und Rochen sind, traten erstmalig im Devon vor 361 Millionen Jahren auf und starben am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren zusammen mit den Dinosauriern aus. Sie besaßen zwei Rückenflossen, die jeweils durch einen kräftigen Flossenstachel gestützt wurden. Das Größenspektrum der Haie reichte von wenigen Zentimetern bis hin zu annähernd drei Metern, was Asteracanthus zu einem der größten Vertreter sowohl seiner Gruppe als auch seiner Zeit macht. Moderne Haie und Rochen, die während der Zeit des Jura bereits artenreich vertreten waren, erreichten hingegen lediglich eine Größe von bis zu zwei Metern.
Asteracanthus wurde vor mehr als 180 Jahren durch den schweizerisch-amerikanischen Naturforscher Louis Agassiz anhand von isolierten Flossenstacheln beschrieben. Zusammenhängende Skelettreste fehlten bis jetzt. Das Gebiss des Skelettes ist außergewöhnlich gut erhalten und beinhaltet mehr als 150 Zähne mit jeweils einer mittigen Hauptspitze und mehreren Nebenspitzen. „Diese Art der Bezahnung deutet darauf hin, dass Asteracanthus ein Jäger war, der ein breites Nahrungsspektrum hatte. Er war mit Sicherheit nicht nur einer der größten Knorpelfische seiner Zeit, sondern auch einer der imposantesten“, so Sebastian Stumpf.
Publikation in „Papers in Palaeontology“:
Stumpf, S., López-Romero, F.A., Kindlimann, R., Lacombat, F., Pohl, B. & Kriwet, J. 2020. A unique hybodontiform skeleton provides novel insights into Mesozoic chondrichthyan life. Papers in Palaeontology.
DOI:10.1002/spp2.1350