Die Nordküste Spaniens, in der Nähe der Stadt Santander, besteht aus meterhohen Kalksteinwänden, die in der Kreidezeit vor etwa 85 Millionen Jahren entstanden sind. Dort fanden Paläontologen im Jahre 1996 Teile einer Wirbelsäule sowie Hautzähnchen, sogenannte Placoidschuppen. Wissenschaftler der Universität Wien konnten diese Funde nun der ausgestorbenen Gruppe der ptychodonten Haie zuordnen, die in der Kreidezeit außergewöhnlich artenreich war. Sie starben aber aus bisher unbekannten Gründen noch vor den Dinosauriern gegen Ende der Kreidezeit aus.

Wirbelfunde sind selten, aber wertvoll

Diese Gruppe von Haien war bislang hauptsächlich für ihre abgeflachten Quetschzähne bekannt, die es ihnen erlaubten, sich von hartschaliger Beute wie Muscheln und Ammoniten zu ernähren. Was den Fund aus Spanien so besonders macht, ist die Tatsache, dass Wirbelkörper von Haien und Rochen nur selten als Fossilien erhalten bleiben.

Im Gegensatz zu Zähnen, die bestenfalls Rückschlüsse auf die Ernährung zulassen, bewahren Wirbel aber Informationen wie Alter, Größe und Wachstum, die – ähnlich zu Bäumen – anhand von Jahresringen im Wirbelkörper gespeichert werden. Mit Hilfe von statistischen Modellen und dem Vergleich mit großen, noch lebenden Haiarten konnten diese Informationen nun ausgelesen werden.

Ein Schnitt durch den Haiwirbel zeigt Wachstumsringe, ähnlich denen in Baumstämmen. (© Patrick L. Jambura)

Sehr große, sehr alte Tiere

„Unsere Berechnungen ergaben, dass diese Wirbel zu einem vier bis sieben Meter großen Hai gehörten, der ca. 30 Jahre alt war. Beeindruckend war, dass dieser Hai bis an sein Lebensende konstant an Größe zunahm“, so Patrick L. Jambura, Hauptautor der Studie. Bei Haien verlangsamt sich normalerweise das Wachstum nach der Geschlechtsreife und zeigt eine Abflachung im Wachstumsprofil. „Da dies bei unserem Hai nicht der Fall war, ist davon auszugehen, dass es sich bei unserem Tier immer noch um ein Jungtier, wahrscheinlich einen Teenager handelt – und das mit einem Alter von 30 Jahren und der genannten Körpergröße.“

Die Studie der Universität Wien zeigt, dass diese Tiere langsam wuchsen, jedoch enorme Größen erreichen und offensichtlich auch sehr alt werden konnten. Jambura: „Ihre Geschlechtsreife erlangten sie erst sehr spät im Vergleich zu anderen Haien. Vielleicht ist das auch der Grund, der zu ihrem Untergang führte.“

Ähnliches Schicksal wie Haie von heute

Viele heutige Haie sind vom Aussterben bedroht, weil sie langsam wachsen und spät geschlechtsreif werden und auf Grund des Drucks, der vom Menschen ausgeht – zum Beispiel durch Überfischung und Umweltverschmutzung –, nicht schnell genug Nachwuchs bekommen können, um die Art zu erhalten.

„Womöglich führte das langsame Wachstum in ptychodonten Haien, ähnlich wie bei heutigen Haien, dazu, dass sie sich nicht schnell genug an Umweltveränderungen anpassen konnten, was schlussendlich zu ihrem Aussterben noch vor dem Aussterbeereignis am Ende der Kreidezeit führte. Heute liegt es jedoch in unserer Hand, das Aussterben der letzten Überlebenden dieser alten und charismatischen Tiergruppe zu verhindern“, so Jambura.

Publikation in PLOS ONE:
Patrick L. Jambura & Jürgen Kriwet (2020) Articulated remains of the extinct shark, Ptychodus (Elasmobranchii, Ptychodontidae) from the Upper Cretaceous of Spain provide insights into gigantism, growth rate and life history of ptychodontid sharks. In PLOS ONE
DOI: 10.1371/journal.pone.0231544