Der Klimawandel macht sich schon jetzt in den steirischen Alpen und heimischen Schutzgebieten bemerkbar – in den kommenden 100 Jahren drohen noch drastischere Folgen. Forscher der Universität Graz sagen in einer aktuellen Publikation bis zum Jahr 2100 einen Rückgang an alpinen Lebensräumen von bis zu 90 Prozent voraus. „Eine derart dramatische Schwächung der alpinen Ökosysteme würde das Ende zahlreicher Pflanzen bedeuten und weitreichende Auswirkungen haben“, schildern die Studienautoren Patrick Schwager und Christian Berg vom Institut für Biologie. Ihre Studie zu klimabedingten Veränderungen in der Steiermark wurde im Journal „Regional Environmental Change“ veröffentlicht.
Drei Jahre lang haben die Wissenschafter Daten zum Vorkommen alpiner Pflanzenarten in den steirischen Alpen gesammelt und darauf aufbauend unterschiedliche Klimawandel-Szenarien für alpine Graslandökosysteme in Silikat- beziehungsweise in Kalksteingebieten entworfen. „Einmal sind wir von einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von zwei Grad, das andere Mal von vier Grad ausgegangen. Angesehen haben wir uns, welche Auswirkungen das auf die beiden europaweit geschützten Lebensraumtypen hat“, schildert Patrick Schwager. Die Forscher verglichen zudem die Veränderungen innerhalb und außerhalb von deklarierten Natura-2000-Schutzgebieten.
Ihr Fazit: „Starke Rückgänge – beim Vier-Grad-Szenario würden wir in den Silikatalpen sogar bis zu 90 Prozent an geeignetem Lebensraum verlieren“, unterstreicht Christian Berg. Als Indikatoren nutzten die Forscher 15 unterschiedliche alpine Pflanzenarten, vom Steinbrech über Primeln und Silberwurz bis hin zu Glockenblumen. „Verändern sich die Lebensbedingungen für diese Pflanzenarten, wandeln sich die Natura-2000-Lebensraumtypen um“, schildern Schwager und Berg. „Langfristig führt das Verschwinden der alpinen Pflanzenarten zu instabilen Ökosystemen. Beispielsweise kann lockerer Boden Murenabgänge nicht mehr halten. Naturschutzstrategien in den Alpen müssten ganz neu gedacht werden“, betonen die Forscher die weitreichenden Konsequenzen des Klimawandels für die Steiermark. Die EU sieht übrigens ein Verschlechterungsverbot für die gelisteten Schutzgüter vor, allerdings macht der Klimawandel dieser Richtlinie aus dem Jahr 1992 einen Strich durch die Rechnung.