Die heute im Journal of Clinical Oncology erschienene Publikation der Arbeitsgruppe um Martin Widschwendter, Professor für Krebsprävention und Screening an der Universität Innsbruck, stellt einen neuen molekularen Test zur Erkennung von Gebärmutterkrebs vor. Der WID™-qEC Test erkennt Gebärmutterkrebs mit hoher Genauigkeit anhand eines einfachen Gebärmutterhals- oder Vaginalabstrichs. Somit kann die Diagnose von Gebärmutterkrebs bei Frauen mit Symptomen wie beispielsweise abnormaler Blutung oder bei Frauen mit einem hohen Risiko für Gebärmutterkrebs vereinfacht und beschleunigt werden.
Bisherige invasive Diagnostik zum Ausschluss von Gebärmutterkrebs
Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) ist die häufigste gynäkologische Krebserkrankung mit stark steigender Inzidenz. Zwar können Blutungen außerhalb der Menstruation, sogenannte abnormale Blutungen, ein Symptom einer Krebserkrankung der Gebärmutter sein, in den meisten Fällen jedoch werden diese Blutungen von hormonellen Schwankungen oder gutartigen Erkrankungen verursacht. Um eine Krebserkrankung sicher auszuschließen, ist aktuell immer ein invasiver operativer Eingriff (Gebärmutterspiegelung und Ausschabung) notwendig.
Heutiger Standard ist die vaginale Ultraschalluntersuchung vor einer Operation. Damit kann zwar eine vorhandene Krebserkrankung vor allem bei Frauen nach den Wechseljahren gut erkannt werden, andererseits kann ein Ultraschall keine vollständige Entwarnung geben. Klarheit kann nur durch die Operation geschaffen werden. Ein weiteres Problem von transvaginalem Ultraschall ist, dass er bei schwarzen Frauen deutlich schlechter funktioniert als bei weißen Frauen. Das führt dazu, dass Gebärmutterkrebs bei schwarzen Frauen tendenziell in einem späteren Stadium mit entsprechend schlechterer Prognose erkannt wird.
Die bisher verfügbaren Methoden zur Abklärung abnormaler Blutungen haben mehrere Nachteile: Laut Expert*innenkonsens in den relevanten S3 Leitlinien ist eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Verfügbarkeit dieser diagnostischen Verfahren derzeit nicht gegeben. Zudem können die Testverfahren nicht alle Fälle von Gebärmutterkrebs zuverlässig erkennen. Und schließlich handelt es sich bei der Gebärmutterspiegelung und Ausschabung um einen invasiven Eingriff, der nicht frei von möglichen Komplikationen ist und bei manchen Frauen sogar regelmäßig wiederholt werden muss.
Ausschluss von Gebärmutterkrebs durch einfachen Abstrich
Der unkompliziert anwendbare WIDTM-qEC-Test kann die Probleme des bisherigen Vorgehens bei Verdacht auf Gebärmutterkrebs lösen: Der Test stellt anhand eines einfachen Gebärmutterhals- oder Vaginalabstrichs fest, ob Gebärmutterkrebs vorliegt oder nicht. Die Probenentnahme kann von allen Gynäkolog*innen leicht durchgeführt werden, da sie dem bereits angewandten PAP-Abstrich zur Erkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) prinzipiell gleicht. Dies ermöglicht eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Untersuchung von Frauen mit abnormalen Blutungen sowie eine beschleunigte Diagnose von Gebärmutterkrebs.
Der Test zeichnet sich neben der sehr hohen Detektionsrate auch durch seine besonders hohe Spezifität aus. Das bedeutet, dass nur wenige Frauen fälschlicherweise als positiv eingestuft werden. Somit wird die Anzahl derjenigen Frauen reduziert werden, die sich einer Operation unterziehen müssen.
Darüber hinaus funktionierte der WIDTM-qEC-Test bei allen Frauen gleichermaßen gut, unabhängig von ihrer Hautfarbe. Da im Rahmen der bisherigen Studien jedoch überwiegend weiße Frauen untersucht wurden, sind diesbezüglich weitere Untersuchungen zur Bestätigung notwendig.
PCR misst epigenetische DNA-Methylierung
Der WIDTM-qEC-Test misst das Ausmaß der Methylierung von drei DNA-Regionen, die bei Frauen mit oder ohne Gebärmutterkrebs unterschiedlich stark ausfällt. Bei der DNA-Methylierung handelt es sich um eine reversible Veränderung des Erbguts, die von Umweltfaktoren beeinflusst werden kann. Der Methylierungsgrad der drei DNA-Regionen wird mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion) bestimmt, einer einfachen Methode, die beispielsweise auch zum Nachweis des Coronavirus eingesetzt wird. Ein ganz wesentlicher Vorteil dieser Technik ist, dass sie – anders als der Ultraschall – komplett unabhängig vom Untersucher ist.
Im Rahmen der Entwicklung und Validierung des Tests wurden in unterschiedlichen Gruppen und Ländern insgesamt 1,288 Gebärmutterhalsabstriche von Frauen mit und ohne Gebärmutterkrebs analysiert. Beispielsweise erkannte der WIDTM-qEC-Test innerhalb einer Kohorte von 63 Frauen mit Blutungen nach den Wechseljahren – sogenannte postmenopausale Blutungen – alle acht Frauen, bei denen in der Folge Gebärmutterkrebs diagnostiziert wurde. Der Test identifizierte in dieser Studie somit alle erkrankten Frauen (100 % Sensitivität) und ergab auch bei 49 der 55 nicht-erkrankten Frauen das richtige Ergebnis (89 % Spezifität).
Der WIDTM-qEC-Test übertraf damit sowohl die aktuelle Standarduntersuchung, den transvaginalen Ultraschall, als auch die DNA-Mutationsanalyse, eine Methode, die derzeit zur Erkennung von Gebärmutterkrebs erforscht wird.
Prof. Martin Widschwendter, European Translational Oncology Prevention & Screening Institute (EUTOPS) der Universität Innsbruck und Department of Women’s Cancer, UCL, UK, erklärt:
„Es war für uns von entscheidender Bedeutung, dass diese Entwicklung alle Probleme adressiert, die in Zusammenhang mit den aktuellen Nachweismethoden für Gebärmutterkrebs stehen. Am wichtigsten ist mir, dass sich unter Verwendung unseres Tests viel weniger Frauen mit abnormalen Blutungen invasiven diagnostischen Verfahren unterziehen müssen. Durch die einfache Probenentnahme wird eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Abklärung ermöglicht. Die Testergebnisse können innerhalb weniger Tage an die behandelnden Gynäkolog*innen berichtet werden, wodurch die Angst behaftete Zeit der Unsicherheit bei den Patientinnen deutlich verkürzt wird.“
„Postmenopausale Frauen mit abnormalen Blutungen haben mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10 Gebärmutterkrebs. Für Frauen vor der Menopause liegt die Wahrscheinlichkeit mit bis zu 1 zu 200 viel niedriger. Für diese Frauen bietet der WID™-qEC-Tests aufgrund seiner einfachen Handhabung und seiner hohen Genauigkeit nun auch die Möglichkeit, Gebärmutterkrebs frühzeitig zu erkennen.“
„Ich möchte allen beteiligten Teams und teilnehmenden Frauen danken, die dazu beigetragen haben, diese verbesserte Früherkennungsmethode für Gebärmutterkrebs zu ermöglichen.“
Dr. Chiara Herzog, Erstautorin der Studie und tätig am European Translational Oncology Prevention & Screening Institute (EUTOPS), Universität Innsbruck ergänzt:
„Wir sind bestrebt, die Krebslast der Bevölkerung zu reduzieren. Und unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass der neue molekulare WID™-qEC Test durch seine hohe Genauigkeit und nicht-invasive Probennahme einen großen positiven Unterschied sowohl für betroffene Frauen als auch für das Gesundheitssystem machen kann.“
„Fast jede Frau erlebt im Laufe ihres Lebens abnormale Blutungen. Invasive Eingriffe und das Warten auf Testergebnisse sind mit körperlichen und psychischen Belastungen verbunden. Unser WID™-qEC Test kann auf Basis einer nicht-invasiven Probennahme innerhalb kürzester Zeit Sicherheit schaffen. Damit wird sowohl die Anzahl invasiver Eingriffe reduziert als auch die Diagnosestellung beschleunigt. Eine frühere Krebsdiagnose ermöglicht weniger radikale Behandlungsmethoden und erhöht somit die Lebensqualität der Betroffenen.“