Meditation, Yoga und Entspannungsübungen haben es in den letzten Jahren in breiten Bevölkerungsschichten zu weiter Verbreitung gebracht. Meditative, achtsamkeitsbasierte Interventionen werden aber seit vielen Jahren auch erfolgreich in der klinischen Behandlung psychischer und körperlicher Beschwerden wie Angst, Depression und chronischen Schmerzen, eingesetzt. „Das Ziel dieser Behandlungen, in denen Meditation je nach Ausgestaltung eine größere oder eine kleinere Rolle zukommt, ist im Allgemeinen die Vermittlung und Steigerung von Achtsamkeit, wodurch es auch zu einer Verminderung von Beschwerden und Symptomen und, ganz allgemein, zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit kommt“, erklärt Ulrich Tran von der Fakultät für Psychologie und Erstautor der Übersichtstudie, an der im weiteren Layla Birnbaum, Matthias Burzler, Ulrich Hegewisch, Dariga Ramazanova und Martin Voracek beteiligt waren.
Neue statistische Methode entwickelt und erstmals angewandt
Die Übersichtsstudie fasst 146 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt fast 11.000 Teilnehmer*innen zusammen. Diese wurden per Zufall einer achtsamkeitsbasierten Behandlung oder einer Vergleichsgruppe zugewiesen. In der Vergleichsgruppe wurden entweder eine andere psychotherapeutische Behandlung oder eine nicht-psychotherapeutische Betreuung angewandt oder ein Wartelisten-Platz vergeben. In allen Studien wurden die Achtsamkeit und die psychische Gesundheit der Teilnehmer*innen vor und nach der Behandlung bzw. zu Beginn und Ende des Beobachtungszeitraums erfasst.
Für die Analyse ihrer Ergebnisse wurde in der aktuellen Übersichtsstudie eine neuartige statistische Methode entwickelt und erstmalig angewandt, die es ermöglichte, alle verschiedenen Behandlungen und Vergleichsgruppen in diesen Studien systematisch miteinander zu vergleichen.
„Die Steigerung von Achtsamkeit scheint eines jener Elemente zu sein, die das Ausmaß der positiven Wirkung von meditativen und ähnlichen Behandlungen auf die psychische Gesundheit erklärt“, so Ulrich Tran weiter. Tatsächlich zeigte sich aber in der Übersichtsstudie, dass es auch bei anderen psychotherapeutischen Behandlungen, in denen Meditation und Achtsamkeit keine Rolle spielen, zur Steigerung von Achtsamkeit kommt, wenn auch in geringerem Ausmaß. Die Ergebnisse legten zudem nahe, dass die Steigerung von Achtsamkeit nicht nur das Ausmaß der Wirkung achtsamkeitsbasierter Behandlungen auf die psychische Gesundheit erklären kann, sondern in gleicher Weise auch bei anderen psychotherapeutischen Behandlungen.
„Achtsamkeit könnte somit ein allgemeiner Wirkfaktor von Psychotherapie sein“, so Ulrich Tran weiter. Erfolgreiche Psychotherapien, die zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit beitragen, könnten sich dadurch auszeichnen, dass sie auch zu einer Steigerung von Achtsamkeit führen, unabhängig davon, ob diese direkt vermitteln und üben oder nicht. Dies wäre eine wichtige Erkenntnis für die Psychotherapieforschung, da die genaue Wirkungsweise von Psychotherapie nach wie vor nicht geklärt ist.
Publikation in Psychological Bulletin:
Tran, U. S., Birnbaum, L., Burzler, M. A., Hegewisch, U. J. C., Ramazanova, D., & Voracek, M. (in press). Self-reported mindfulness accounts for the effects of mindfulness interventions and nonmindfulness controls on self-reported mental health: A preregistered systematic review and three-level meta-analysis of 146 randomized controlled trials. doi.org/10.1037/bul0000359
Psychological Bulletin (https://www.apa.org/pubs/journals/bul/index) ist ein Top-Journal der American Psychological Association, das durchgehend seit 1904 erscheint und exklusiv der Veröffentlichung großer Übersichtsstudien dient.