Vor 66 Millionen Jahren hat ein katastrophales Massenaussterben das Leben auf der Erde völlig verändert. Mehr als zwei Drittel aller damals lebenden Arten starben aus, unter anderem die Dinosaurier oder auch die Ammoniten. Die Säugetiere überlebten das Massensterben und hatten nach dem Verschwinden der Saurier eine ökologische Nische. Der erste konkrete Hinweis auf eine Erklärung dieses Massensterbens wurde Ende der 1970er Jahre in Sedimentschichten in Italien und Spanien gefunden, wo eine sehr dünne Schicht aus Tonmineralien die Grenze zwischen der Kreidezeit und dem Paläogen markiert.

Vor etwas mehr als 40 Jahren wurden in diesen „Grenzschichten“ ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Iridium und anderen sogenannten Platinmetallen gefunden – seltene Metalle, die in relativ hohen Konzentrationen in Meteoriten, aber in sehr geringen Konzentrationen in Gesteinen der Erdoberfläche vorkommen. Diese Tonschicht wurde damit erklärt, dass sie sich aus Staub gebildet hat, der durch den Einschlag und die Verdampfung eines etwa 12 km großen Asteroiden entstanden ist. Dieser Befund wurde anschließend in den frühen 1990er Jahren durch die Entdeckung des etwa 200 km großen Einschlagskraters Chicxulub, der unter der Halbinsel Yucatán in Mexiko begraben liegt, bestätigt.

Das letzte Beweisstück

Jetzt, mehr als 40 Jahre später, haben Wissenschafter*innen das letzte Beweisstück gefunden, das das globale Massenaussterben mit dem Asteroideneinschlag in Verbindung bringt. Ein internationales Forschungsteam um Wissenschafter*innen der Vrije Universiteit Brussel (Belgien), in Zusammenarbeit mit Wiener Forschern, hat die globale Asteroidenstaubschicht bis ins Innere des Chicxulub-Einschlagskraters zurückverfolgt.

Im Mai 2016 wurde ein diskontinuierlicher Ring von Hügeln – ein sogenannter Peak-Ring –, der das Zentrum des Kraters in Mexiko umgibt von einem Wissenschaftsteam des International Ocean Discovery Program (IODP) und des International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) Expedition 364 erbohrt. Einer der Leiter dieses Bohrprojektes war Christian Köberl, Professor für Impaktforschung und Planetare Geologie an der Universität Wien. Bei dieser Bohrung wurden ca. 835 Meter Gestein an die Oberfläche gebracht, die eine enorme Menge an neuen Informationen über die Vorgänge in der Kraterregion vor, während und unmittelbar nach dem Asteroideneinschlag lieferten. Basierend auf einer umfangreichen geochemischen Analyse dieses Teils des Bohrkerns wurden die höchsten Konzentrationen von Iridium in einem tonreichen Intervall in Sedimenten gefunden, die den inneren Kraterring bedecken, direkt unter Kalkstein aus dem frühesten Paläogen.

Internationale Zusammenarbeit ermöglicht Analyse von Irdium

Da Iridium ein Element ist, das in diesem Zusammenhang aufgrund seiner geringen Konzentrationen schwierig zu messen ist, wurden in der neuen Arbeit Ergebnisse von vier unabhängigen Labors aus der ganzen Welt kombiniert. In den Wiener Laboratorien wurden nicht nur die Konzentration des seltenen Elements Iridium gemessen, sondern auch die Gehalte der anderen Platinmetalle und die Isotopenverhältnisse des selteneren Platinmetalls Osmium, welche für meteoritische Kontaminationen charakteristisch sind. „Unsere Messungen konnten eindeutig zeigen, dass innerhalb des Kraters eine Schicht erhalten ist, die Iridium und andere Platinmetalle enthält“, erklärt Köberl. „Dieser meteoritische Staub hat sich nach dem Einschlag viele Jahre in der Atmosphäre gehalten, und ist erst einigen Jahrzehnten nach dem Einschlagsereignis wieder in den Krater zurückgefallen.“ Damit stellt die atmosphärische Ablagerung des Asteroidenstaubs eine wichtige zeitliche Einschränkung für die Ablagerung des Kratergesteins direkt unter dieser Iridiumschicht dar.

Einschlag und Aussterben sind eng miteinander verbunden

Der Erhalt dieser meteoritischen Staubschichte innerhalb des Kraters bringt den unbestreitbaren Beweis, dass der Einschlag und das Aussterben eng miteinander verbunden sind. Die Entdeckung einer solch gut definierten Iridium-Anomalie im Chicxulub-Krater wird zweifellos auch die Forschung zum Kreide-Paleogen-Massenaussterben neu beleben. „Der Fund der Iridium-Anomalie am „Tatort“, dem Chicxulub-Einschlagskrater in Mexiko, mag für die meisten Österreicher*innen anekdotisch und zeitlich weit weg erscheinen, doch die dünne Tonschicht, die dieses globale Massenaussterben markiert, kommt auch in Österreich vor – in der Region Gams (Steiermark). Damals wurde das aus dem Krater geschleuderte, geschmolzene und kondensierte Material im heutigen Österreich abgelagert“, erklärt Ludovic Ferrière, Kurator der Meteoriten- und Impaktitsammlung am NHM Wien und Mitglied der Bohrexpedition.

Publikation in Science Advances:
S. Goderis et. al., IODP-ICDP Expedition 364 Scientists, Globally distributed iridium layer preserved within the Chicxulub impact structure. Science Advances 7 (2021) eabe3647; doi.org/10.1126/sciadv.abe3647.