Die Beobachtung von sterbenden Sternen erlaubt einen Blick in die Zukunft unserer eigenen Sonne und dem damit verbundenen Schicksal unseres ganzen Planetensystems. Bisher vermuteten WissenschafterInnen knapp vor dem Sternentod einen besonders heftigen, kurzen Massenverlust – einen sogenannten Superwind. Neue Radiobeobachtungen eines internationalen Forschungsteams um den Astrophysiker Franz Kerschbaum von der Universität Wien zeigen, dass der Einfluss von Doppelsternpartnern und damit auch die Dauer dieser letzten Lebensphase bislang unterschätzt wurden. Die Ergebnisse erscheinen aktuell in „Nature Astronomy“.
Durchschnittliche Sterne wie unsere Sonne haben meist ein recht ruhiges Leben. Das ist insbesondere für den Menschen von Vorteil, da er auf stabile Umweltbedingungen angewiesen ist. Am Ende des Lebens unserer Sonne wird sich dies jedoch drastisch ändern – sie wird sich zum Roten Riesen aufblähen, die inneren Planeten verschlucken und die äußeren zum Verglühen bringen. Wenngleich bis dahin noch viele Milliarden Jahre vergehen werden, erforschen WissenschafterInnen konsequent die Zukunft unseres Sonnensystems.
Eine Möglichkeit dazu bietet die Beobachtung sterbender Roter Riesensterne, die sich heute schon in jener letzten, turbulenten Lebensphase befinden. Bisher nahm man an, dass am Ende des Sternenlebens eine sogenannte „Superwind“-Phase stattfindet, in der über rund 2.000 Jahre hinweg der Riesenstern besonders große Mengen an Gas und Staub an seiner Umgebung abgibt. Dabei werden bis zu 100 Erdmassen pro Jahr freigesetzt. Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysik erklärt: „Selbst für uns AstronomInnen ist das eine unglaublich hohe Menge an Sternmaterie, die in relativ kurzer Zeit ausgestoßen wird und für die wir schon länger erfolglos nach einem passenden Auswurfmechanismus gesucht haben. Unsere ursprünglichen Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Herschel haben jedoch mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Die Sterne hätten mit so hohen Massenverlustraten nicht lange genug überlebt um überhaupt von uns gefunden werden zu können.“
Doppelsternpartner verursachen Spiralbahn
Die Wende kam nun durch Beobachtungen mit dem neuen ALMA-Radiointerferometer der Europäischen Südsternwarte ESO. Damit konnte das internationale Forschungsteam nun erstmals die Verteilung, die Menge und die Geschwindigkeit der ausgestoßenen Gase in den letzten paar tausend Jahren genau messen. Bei zwei untersuchten Riesensternen zeigte sich, dass der Sternwind spiralförmig vom Roten Riesen abströmt und so das Vorhandensein von bisher unbemerkten Doppelsternpartnern offenbart. Diese zwingen den Wind durch ihre Anziehungskraft auf diese überraschende Spiralbahn. Vor den Beobachtungen mit ALMA wurden hinter diesen Verdichtungen ein extrem erhöhter Masseverlust vermutet – eben der „Superwind“. Die neuen Erkenntnisse zeigen aber, dass nicht 100 Erdmassen an Gas und Staub diese Sterne pro Jahr verlassen, sondern nur etwa ein Zehntel davon. „Die Doppelsternpartner sind nicht nur häufiger als angenommen, sie verändern die letzten Lebensphasen von Sternen nachhaltig“, so Kerschbaum. Im weiteren Forschungsprozess wollen die WissenschafterInnen nun klären, inwiefern die neuen Erkenntnisse auch Auswirkungen auf Planetensysteme, wie unser Sonnensystem, haben.
Österreich ist nun bereits seit zehn Jahren Mitglied der Europäischen Südsternwarte und ermöglicht so den heimischen AstronomInnen gleichberechtigten Zugriff zu den leistungsfähigsten Teleskopen der Welt. Dazu gehört auch das Atacama Large Millimeter Array (ALMA), ein internationales Gemeinschaftsprojekt, das mit 66 kombinierten Radioteleskopen auf über 5000 Meter Seehöhe in den Chilenischen Anden die höchst aufgelösten Bilder des Universums im Millimeter- und Submillimeterbereich liefert.